Aktionen zum Jahresschwerpunktthema 2024 des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit, Pflege und Prävention

Das Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention legt jährlich einen sogenannten Präventionsschwerpunkt fest. Damit soll die öffentliche Aufmerksamkeit jedes Jahr auf dringliche Themen der  Prävention und Eigenverantwortlichkeit für die eigene Gesundheit gelenkt werden.

Frauengesundheit – Ein Leben lang

Frauen sind besonders und so auch ihre Gesundheit. Das hat auch das bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention erkannt und stellt die Frauengesundheit im Jahr 2024 in den Mittelpunkt. Dabei werden die gesundheitlichen Aspekte im Leben von Mädchen und Frauen in den Blick genommen: Beschwerden und Krankheiten, von denen nur Frauen betroffen sind ebenso wie solche, die bei Frauen häufiger oder anders als bei Männern auftreten. Schon vom frühen Kindesalter an zeigen sich Besonderheiten.

Als GesundheitsregionPlus des Landkreises Cham werden im Jahresverlauf verschiedene Veranstaltungen, Aktionen und Maßnahmen dazu angeboten werden, die hier einsehbar sind.

Magazin „Der Gesundheitsbotschafter“

Die neue Ausgabe des Magazins der ehrenamtlichen Gesundheitsbotschafter beschäftigt sich mit dem Schwerpunktthema „Frauengesundheit – ein Leben lang“. Dabei soll chronologisch vorgegangen werden. In der ersten Ausgabe des Jahres 2024 wird die Frauengesundheit ab der Entstehung neuen Lebens bis zur Familienplanung aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.

Das Magazin wird in den Gemeinden des Landkreises, Arztpraxen und Apotheken sowie weiteren Orten der Begegnung ausliegen oder als digitale Version herunterladen: 

Illustriertes Frauengesicht mit bunten geometrischen Formen

Interview Frau Dr. Marion J. Bornhaupt zum Thema Frauengesundheit

„Faszination Frauengesundheit“
Unter diesem Leitgedanken führten wir ein Interview mit Frau Dr. Marion J. Bornhaupt. Sie ist niedergelassene Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in Bad Kötzting und beschäftigt sich in ihrer Praxis schwerpunktmäßig mit dem Erhalt der weiblichen Gesundheit. Ihrer Meinung nach sind Frauen die Lieblingskinder der Natur – zumindest für eine von der Natur vorgegebene Zeit.

Es war zu Beginn klar, dass ich nur Gynäkologin werden wollte. Ich stamme ja noch aus einer Generation, in der Aufklärung noch nicht besonders forciert wurde. Sogar die Aufklärung über die Monatsblutung war quasi nicht existent. Wie für viele andere auch, war die erste Monatsblutung für mich ein absolut einschneidendes Erlebnis, weil man gar nichts damit anzufangen wusste. Man dachte sich „oh Gott, muss ich jetzt sterben, bin ich krank?“. Ich wollte aktiv mitwirken, dass Frauen einfach über sich selbst besser Bescheid wissen und sich entsprechend auch besser um die eigene Gesundheitserhaltung kümmern können.

Mein oberstes Ziel ist es, nicht in die Lage zu kommen, heilen zu müssen. Das ist in meinen Augen auch das große Problem der Schulmedizin und unseres gesamtes Gesundheitssystems. Wir rea-gieren erst, wenn das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist.

Ich würde gerne viel mehr Prävention machen, aber das ist ein Bereich, der nicht ausreichend von den Kassen finanziert wird. Viele Leistungen müssten entsprechend von den Patienten selbst übernommen werden. Besonders in der aktuellen Situation geht es dabei weniger um leisten „wollen“ als leisten „können“. Ich bin immer sehr froh, wenn Patienten bei diesem Thema auch offen und ehrlich mit mir sprechen.

Ein Beispiel dafür ist die Knochendichtemessung. Sie stellt die Stabilität und damit das Risiko für einen Knochenbruch bzw. die Krankheit „Osteoporose“ fest. Das ist nur eine Kassenleistung, wenn der Arzt eine Auffälligkeit feststellt. Würde man so eine Untersuchung präventiv vornehmen, müsste es Patientin selbst tragen. Durch eine Früherkennung könnte sich die Patientin Leid er-sparen und die Kassen eine spätere kostenintensive Behandlung. Ähnliches gilt für Vitamin D.

Meist denkt man, lebt man in der Schwangerschaft gesund, ernährt ein Kind später ausgewogen, ergibt das ein gesundes Kind. Aber das stimmt nicht ganz. Den Gesundheitszustand von Kindern kann man wissenschaftlich erwiesen schon vorgeburtlich beeinflussen.

Das gilt für die Mutter, aber auch für den Vater. Wir wissen, dass Frauen, die vor/ in der Schwan-gerschaft beispielsweise stark von Übergewicht betroffen sind, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Kinder haben, die mit ihrem Gewicht kämpfen müssen. Auch ein mütterlicher Diabetes kann das Missbildungsrisiko erhöhen. Ein rauchender Vater steigert die Wahrscheinlichkeit des Kindes, später an Krebs zu erkranken. Selbes gilt für das Asthmarisiko.

Man muss sich das Ganze so vorstellen: die Zelle, die aus der Vereinigung der mütterlichen und väterlichen Zelle hervorgeht, hat den kompletten „Bauplan“ für einen neuen Menschen. Beson-ders die ersten 1000 Tage bzw. 12 Wochen sind wichtig. Denn hier ist die Entwicklung des neuen Lebens so rasant, wie später nie mehr. Der komplette Mensch wird angelegt. Passiert hier ein Fehler in der Zellteilung, kann das weitreichende Konsequenzen haben. Der komplette Organis-mus wird angelegt und muss später nur noch „ausreifen“.

Ausgewogen. Viel Obst und Gemüse, nicht zu fett- und kohlehydratlastig. Aber auch Nahrungsergänzung kann hier sinnvoll sein: Folsäure, Zink, Selen und Vitamin D. Man geht davon aus, dass 2/3 aller Frauen einen Vitamin-D Mangel haben. Das hängt mit der modernen Lebensweise, aber auch mit unserer geografischen Lage zusammen. Zwischen Oktober und April/ Mai produziert unser Körper in unseren Breiten kein Vitamin D. Die Sonne steht einfach zu schräg. Gerade bei Schwangeren ist das ein Thema, denn sie benötigen sehr viel Vitamin D. Kinder von Frauen mit Vitamin D Mangel unterliegen einer gesteigerten Wahrscheinlich für Untergewicht, Gestose (Schwangerschaftsvergiftung) oder Diabetes. Mütter haben eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für eine Wochenbettdepression. Auch für den potenziellen Vater ist das wichtig!

Sport vor und moderater Sport in der Schwangerschaft ist unbedingt zu empfehlen, bitte keine falsche Schonung. Dadurch lässt sich beispielsweise eine unkontrollierte Gewichtszunahme ein-dämmen, das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes, Thrombosen und Wassereinlagerungen mindern. Wir trainieren Muskeln und das Zwerchfell, was Frauen wiederrum hilft, die Belastung durch die Schwangerschaft und die Geburt besser zu bewältigen. Ausdrücklich erwähnen möchte ich gezieltes Beckenbodentraining bereits vor der Geburt. Den positiven Einfluss auf den Stoffwechsel und die Herz-Kreislauffunktion geben Schwangere auch an ihre Kinder weiter. Auch im Kindesalter sollte man das Bewegungsverhalten unbedingt fördern. Gerade Osteoporose kann in der Kindheit und Jugend schon gebannt werden, denn die Knochenmasse wird bis ca. zur Mitte bzw. dem Ende des 20. Lebensjahres aufgebaut. Regelmäßige körperliche Belastung stärkt das Muskelskelettsystem und hat positive Auswirkungen auf den Stoffwechsel und damit in Zusammenhang stehenden Funktionen. Sport verhindert das spätere Entstehen von sog. „Zivilisationskrank-heiten“. Mittlerweile gilt es auch als bewiesen, dass Bewegung Gehirnfunktionen fördert: man lernt leichter, kann sich besser konzentrieren!

Den Impfstatus prüfen lassen: Eine Mutter gibt die Antikörper, die sie im Laufe des Lebens entwi-ckelt hat, an ihre Kinder weiter. Das nennt man „Nestschutz“. In den ersten sechs Wochen des frischen Lebens ist das Kind durch den Immunstatus der Mutter geschützt. Die „ständige Impfkommission“ empfiehlt mittlerweile sogar drei Impfungen währen der Schwangerschaft: Grippe, Windpocken, Keuchhusten. Den Rhesusfaktor sollte man bestimmen lassen. Falls man Medika-mente nimmt, sollte man auch das zu Beginn der Schwangerschaft prüfen lassen.

Es ist verrückt, wenn man bedenkt, dass wir für den meisten Stress selbst verantwortlich sind: die ständige Erreichbarkeit durch neue Technologien, aber auch Social Media verursacht Stress. Man wird kontinuierlich mit positiven Ausschnitten aus dem Leben anderer konfrontiert. Man muss sich immer wieder klar machen, dass das nur Ausschnitte sind, die andere zeigen wollen. Das ist nicht die Realität. „Social“ Media ist meiner Meinung nach der falsche Ausdruck für das Medium. Meist ist es nämlich nicht sozial. Unsere Abhängigkeit davon ist bedenklich. Weiterhin leben wir in Umbruchszeiten: Weltordnung, Teuerung, Einbußen in der Wirtschaftskraft. Ich empfehle, sich gezielt Räume zu schaffen, in denen man nicht erreichbar ist oder mit Nachrichten konfrontiert wird. Finden Sie etwas, was Ihnen Spaß macht und gut tut. Egal ob es die Auszeit mit dem Partner ist, Sport, das Training mit dem Hund. Aber: legen Sie das Handy weg.

Der Zeitpunkt des ersten Frauenarzt-Besuches ist so ein Thema. Es gibt keine andere Untersuchung, die so sehr in die Intimsphäre eingreift. Vorsorgeuntersuchungen sind sehr wichtig, aber man muss nicht bei der ersten Periode automatisch zum Frauenarzt. Das kann gerade für jüngere Mädchen ein sehr negatives Erlebnis sein. Wenn die Tochter die Pille will, ist das natürlich etwas anderes. 81% der Mädchen gehen ab dem 16. Lebensjahr zum Frauenarzt. Ab dem 20. Lebensjahr sollte dann die routinemäßige Krebsvorsorge erfolgen. Je früher die Erkennung erfolgt, desto besser die Behandlungschancen. Der Vorsorgetermin ist aber auch ein guter Anlass, um einfach einmal mit seinem Arzt zu sprechen. Dabei kann man das ein oder andere Problem thematisieren.

Was ich aber unbedingt rate: lassen Sie Ihre Töchter gegen HPV impfen. Die Papillomviren lösen zu 99% Gebärmutterhalskrebs aus. Die Impfung schützt zwar nur gegen 9 Unterarten (es gibt 80-90 Unterarten), aber diese 9 Arten machen ca. 90% der Krebsfälle aus. Einen Mythos muss ich an dieser Stelle auch aufklären: man kann immer gegen Gebärmutterhalskrebs impfen! Nach Möglichkeiten, wenn noch kein Geschlechtsverkehr stattfand, weil man davon ausgeht, dass hier noch eine Infektion stattgefunden hat. Aber trotzdem kann man gesunden Zellen schützen immer noch schützen, selbst wenn es schon Auffälligkeiten gibt. Die Impfung wird bis zum 18. Lebensjahr von den Krankenkassen übernommen, das sollte man unbedingt in Anspruch nehmen!
Dies gilt Übrigens ebenfalls für Männer bzw. Mütter von Jungen!

Sobald Fragen kommen, einfach beantworten. kindgerecht, aber korrekt. Also bitte keine Bienen und Blümchen, aber auch keine lateinischen Ausdrücke (lacht). Das Kind nicht mit Wissen über-frachten. Wenn Kinder mehr wissen wollen, fragen sie. Was anderes ist es allerdings, wenn man das Gefühlt hat, es läuft etwas schief. Also dass Kinder mit Themen oder Inhalten in Kontakt ka-men, die sie nicht verstehen, nicht verarbeiten können. Kinder haben ein gutes Gespür dafür, wenn sie etwas „Verbotenes“ getan haben. Sie schämen sich und sprechen dann mit Gleichaltrigen, die ja auf einem ähnlichen Wissenstand sind. Ich rate unbedingt Zeiträume zu schaffen, in denen die Familie miteinander spricht. Klassisch z.B. die Mahlzeiten.

Junge Mädchen verlernen das Nein sagen und das Hinterfragen! Wir leben in einer Gesellschaft, die viel aufgeklärter ist als früher. Wissen kann man sich schneller beschaffen als jemals zuvor, aber andererseits ungewollt auch schnell negative Erfahrungen machen.

Ich betreue ein Schulprojekt „ich darf auch nein sagen“. Dabei fällt mir auf, dass Kinder viel frü-her in Kontakt mit Themen kommen, für die sie noch gar nicht bereit sind. Aber sie hinterfragen viele diese Eindrücke nicht. Man muss die jungen Frauen dazu bringen, „Trends“ zu hinterfragen, die ihnen gerade in den sozialen Medien als Normalität vorgegaukelt werden. Man muss ihnen klar machen, dass es in Ordnung ist „nein so will ich das nicht“ oder „das ist nichts für mich“ zu sagen. Das Selbstbewusstsein stärken.

Positiv stellt sich der offene Dialog über Erkrankungen dar, wie z.B. über, z.B. Endomitriose. Das sind krankhafte Wucherung von Gebährmutterschleimhaut im Bauchraum, was schlimme Schmerzen verursacht. Betroffene können auch Schwierigkeiten haben, schwanger zu werden. Das wurde früher als „Frauenhysterie“ abgetan. Zwar weiß man noch nicht, woher die Erkran-kung kommt, aber die Forschung macht ständig Fortschritte. Es gibt viele Fortbildungen, entsprechend mehr diagnostizierte Fälle, es haben sich ganze Zentren gebildet. Die Krankheit ist präsenter. Junge Frauen sprechen offen über ihren Leidensweg. Den offenen Dialog empfinde ich als sehr positiv.

Wenn wir gerade beim Thema sind. Endomitriose ist z.B. eine der wenigen Erkrankungen, von denen Frauen in der ersten Lebenshälfte betroffen sind. Endomitriose war in den neuen Bun-desländern beispielsweise nicht verbreitet. Hintergrund ist, dass eine Schwangerschaft Endomitriose ausbremst.

Das bringt mich zum nächsten Thema: der Familienplanung: diese setzt viel später ein als früher, ca. bei 31 +/-. Frauen haben eine höhere Bildungsquote als früher, was zur Konsequenz hat, dass Bildung längere Zeit in Anspruch nimmt. Dadurch möchten sich Frauen auch beruflich verwirklichen, was nochmals Zeit in Anspruch nimmt. Mutter Natur hat die verfügbare Zeit für die Familienplanung leider begrenzt. Dadurch werden Frauen in der heutigen Zeit sehr unter Stress gesetzt. Auch hier empfehle ich einen offenen Dialog mit der Frauenärztin, aber auch mit dem Partner. Mittlerweile gibt es dank des medizinischen Fortschritts Möglichkeiten, um jungen Frauen in dieser Zwickmühle zu helfen.

Mutter Natur uns liebt, wir sind ihre Lieblingskinder – aber nur bis wir in die Wechseljahre kommen.
Warum sonst hätte uns die Natur die Möglichkeit gegeben, dass unser Körper so wandelbar ist: wir können Kinder austragen, Schmerzen ertragen und unser Körper vergisst den Schmerz und bildet die Strukturen wieder zurück. Der weibliche Körper ist ein kleines Wunder.

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