Neue Fenster in der Pfarrkirche St. Josef, Cham-West

12. April 2024: gestaltet von der Künstlerin Mahbuba Maqsoodi, München

Das Durchscheinen Gottes im Menschen. Die Kirchenfenster von Mahbuba Maqsoodi in St. Josef, Cham

Die Künstlerin Mahbuba Maqsoodi hat in der Pfarrkirche St. Josef in Cham ein Kunstwerk geschaffen, das in einer einzigartigen Weise Grunderfahrungen menschlichen Lebens mit der Lebenskultur des heutigen Menschen verbindet. Die Glasfenster sprechen eine eindrückliche Glaubenssprache, die in Motiven alt- und neutestamentlicher Bilder den Menschen einladen, sich dialogisch auf die Dynamik menschlichen Lebens einzulassen und sich den großen Themen der Wirklichkeit Gottes unter den Menschen in den Religionen zu stellen. Im Menschsein selbst wird sichtbar, was der unsichtbare Gott, „der im Licht wohnt“, dem Menschen schenkt.

In der Begegnung mit der 14-teiligen Werksgruppe „Sieben“ sieht sich der Mensch herausgefordert, sich in all den Gefährdungen und Ambivalenzen seiner Existenz mit sich selbst und der gegenwärtigen Welt auseinanderzusetzen. Diese in den Beziehungen seines Lebens zu gestalten, wandelt ihn auf die Ganzheit seines Menschseins hin.

Je sieben alt- und neutestamentliche Motive, die korrespondieren und miteinander kommunizieren, - und zwischen ihnen der Mensch, der im Raum der Kirche steht -, zeigen sich in den Farben des Regenbogens. Der Regenbogen ist Zeichen der Herrlichkeit Gottes selbst, die der Mensch in ihrer Reinheit und Klarheit nicht schauen kann. Aber die Brechungen Gottes sind im menschlichen Leben sichtbar und in den unterschiedlichen Farben des Lebens und den facettenreichen Erfahrungen des Menschseins, auch in den Verdunklungen des Menschlichen und seiner Abgründigkeit, erkennbar.

Dieser Farbenbogen, der sich durch den Kirchenraum spannt, ist Zeichen nicht nur göttlicher Präsenz, sondern des Versöhntseins und des Friedens Gottes mit dem Menschen. Nichts mehr kann Gott vom Menschen trennen, nichts die Beziehung zwischen Gott und Mensch zerstören. Immer bleibt Gott in den vielschichtigen Farben und Erfahrungen des Lebens der Zugewandte und bedingungslos Liebende. Diese Zusage Gottes wird zu einer einzulösenden Herausforderung für die Menschen, der Maqsoodi in den einzelnen Fenstern Konturen gibt. Sie werden zur auffordernden Einladung, selbst den Weg der Menschwerdung im menschlichen Miteinander zu wagen. In diesem dialogischen Tun bricht der Mensch nicht nur die Ambivalenz seines Daseins auf, sondern erlebt in den Schattierungen der Farbe und der Sprache der Bilder Wege zu sich selbst und den Mitmenschen. Und genau darin scheint Gott bei den Menschen auf und durch.

Der Regenbogen ist so in seinen sieben Farben Ausdruck der Ganzheit und Vollständigkeit des wirklichen Lebens. Als Brücke zwischen Gott und Mensch, als Zeichen unlösbarer Bezogenheit, die Gegensätze vereint, provoziert er Aufbruch und Veränderung. Er steht, und darum ist er ein Aufscheinen des Göttlichen in der Zeit, für gelebten Frieden, Versöhnung, Toleranz und Achtsamkeit, für gelebten Respekt voreinander und Hoffnung in all den Brüchen. Er steht für das immer neue Wagnis, die Liebe zu leben und den Menschen in seinem Sein und Werden in die Mitte zu stellen. Die Bilder, die Maqsoodi in den Farben und Konturen aufscheinen lässt, machen dabei das Göttliche und das Menschliche gleichermaßen transparent.

Unter dem Regenbogen wird die Vielschichtigkeit der Menschheitserfahrung in der Sprache des alten und neuen Testaments nicht nur als Brucherfahrungen des Menschen, in seiner Zerbrechlichkeit und Anfälligkeit sichtbar, sondern ebenso seine Würde und Größe, die Besonderheit für einander, seine Einmaligkeit und sein bleibender Grund in Gott. Darin ist er gegenwärtige Wirklichkeit Gottes in den Brechungen des Lichts, das erkennen lässt, dass in jeder Brechung, in jeder Farbe Gott selbst für den Menschen fragmentarisch aufscheint und zur heilenden Begegnung werden will.

Glas ist für Mahbuba Maqsoodi das sprachliche Medium der Begegnung zwischen der persönlichen Erfahrung und der existentiellen Wirklichkeit des Menschen mit einer transzendenten, universalen Wirklichkeit. Sie fordert heraus, sich treffen und ansprechen zu lassen von dem, was auf die Fragen und die Lebensdynamik des Menschen Antwort gibt. Sie erinnert daran, in sich selbst, in den Möglichkeiten seines begrenzten Liebens im Alltag durchscheinen zu lassen, was in den monotheistischen Religionen als Sprache und Dasein Gottes erkannt wird. Gott ist ein Gott für und bei den Menschen, der ihm unverbrüchlich Würde gibt, die in der gegenseitigen Wertzusage je neu gewagt werden will. In der Vielschichtigkeit dieses Mühens verdichtet sich das Menschliche, das wahrhaft Humane, und macht Mut, es neu im alltäglichen Begegnen zu versuchen. In diesem Tun wird offenbar, worin alle Menschen ihren gemeinsamen Anfang haben (Schöpfung) und ihre Erfüllung, die Fülle des Lebens, jetzt und dann erlebbar wird (Auferstehung). (Dr. Georg Beirer)

Dr. Georg Beirer
Georg Beirer, Dr. theol., Dipl.-Päd. (Univ.), ist Moraltheologe und arbeitet nach psychotherapeutischer Fortbildung freiberuflich in eigener „Praxis für therapeutische Theologie, pastorale Supervision und geistliche Begleitung“. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt in der Begegnung von Mystik, Spiritualität und Psychotherapie.

Sieben in situ, Maqsoodi-Fenster, St. Josef Cham
"Sieben" in situ, Maqsoodi-Fenster, St. Josef Cham © Mahbuba Elham Maqsoodi Foto © Atelier Maqsoodi (240407)
Werkstitel: Liebe Detail, in situ © Mahbuba Elham Maqsoodi
Werkstitel: „Liebe“ Detail, in situ © Mahbuba Elham Maqsoodi Foto © Atelier Maqsoodi (240407)
Werkstitel „Wissen“ in situ, Mahbuba Maqsoodi
Werkstitel: „Wissen“ in situ; WVZ: Cham - M- 4/28 - 18/28; Thema: Jesus Offenbarung als Sohn des Vaters in der Verklärung © Mahbuba Elham Maqsoodi; Foto © Atelier Maqsoodi (240407)