Chamer Delegation informiert sich in Kirgistan

05. Juli 2024: Ausbildungskooperation auf einem guten Weg
Empfang der Chamer Delegation durch die Musikgruppe in der Schule 69 in Bishkek

2023 haben im Rahmen eines Pilotprojektes 21 Jugendliche aus Kirgistan eine Ausbildung im Landkreis Cham begonnen. In diesem Jahr werden 40 bis 50 Auszubildende folgen – in den Branchen Hotel- und Gaststättenbereich, Industrie, Pflege und Handwerk. Eine Chamer Delegation mit Vertretern aus Politik, Arbeitsverwaltung, Volkshochschule, Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer hat sich für vier Tage in das fast 5.000 km Luftlinie entfernte Bishkek, der Hauptstadt von Kirgistan, begeben, um die Situation und die Ansprechpartner vor Ort persönlich kennenzulernen.

„Um die Arbeitskräfte und damit den Wohlstand für unsere Region zu sichern, sind Kooperationen und Projekte wie diese unverzichtbar. Die Ausbildung von Jugendlichen aus Kirgistan stellt hier eine Möglichkeit neben vielen weiteren Maßnahmen dar, die langfristig weiterverfolgt bzw. ausgebaut werden sollte“, fassten die Delegationsmitglieder nach zahlreichen interessanten Gesprächen und Erfahrungen ihr Ergebnis zusammen.

Vertrauen aufbauen
„Der Grund für Projekte und Kooperationen wie diese ist ganz einfach: Wenn wir in Bayern und auch im Landkreis Cham unseren bisherigen Wohlstand erhalten wollen, dann brauchen wir einen funktionierenden Arbeitsmarkt“, so Landrat Franz Löffler. Ziel der Chamer Delegation mit Landrat Franz Löffler an der Spitze, Präsident der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz, Dr. Georg Haber, Geschäftsleiter der IHK in Cham, Richard Brunner, Siegfried Bäumler und Wolfgang Kürzinger von der Agentur für Arbeit, Winfried Ellwanger von der Volkshochschule in Cham und Isabella Bauer von der Wirtschaftsförderung des Landkreises war es, die Situation vor Ort, die Verlässlichkeit der Strukturen und die Partner vor Ort persönlich kennenzulernen. Denn nur im Rahmen von persönlichen Gesprächen, Eindrücken und Erfahrungen lässt sich für beide Seiten das Vertrauen aufbauen, dass für eine gute und langfristig ausgerichtete Zusammenarbeit notwendig ist.

Arbeitsmarkt wird internationaler
Siegfried Bäumler, Leiter der Agentur für Arbeit Schwandorf und Wolfgang Kürzinger, Leiter der Geschäftsstelle in Cham unterstreichen das und ergänzen: „Die demographische Entwicklung, bei der wesentlich mehr Menschen in Rente gehen als ins Berufsleben einsteigen und die gute wirtschaftliche Entwicklung im Landkreis Cham, die allein in den letzten 10 Jahren einen Zuwachs von 10.000 Arbeitsplätzen mit sich gebracht hat, stellen eine große Herausforderung im Hinblick auf die Sicherung der zukünftigen Arbeitskräfte dar.“ Die beiden mitreisenden Kammervertreter, Dr. Georg Haber und Richard Brunner, sehen das genauso: „Wenn wir die Leistungsfähigkeit in Industrie, Handwerk, Handel und Dienstleistung sowie die Innovationsfähigkeit unserer Wirtschaft erhalten wollen, dann brauchen wir gesteuerte Zuwanderung auch im Bereich der Ausbildung.“ Dass der Arbeitsmarkt dabei immer internationaler wird und werden muss, zeigt schon ein Blick in die Statistik für den Landkreis Cham: von insgesamt rund 57.000 Beschäftigten sind 10.000 ausländische Beschäftigte.

Ziel: qualifizierte und gesteuerte Zuwanderung
Die Experten sind sich einig: Für die Unternehmen im Landkreis Cham, egal welcher Branche, ist es schon lange keine Seltenheit mehr, dass sich ihre Belegschaften aus den verschiedensten Nationen zusammensetzen. Ohne Arbeitskräfte aus dem Ausland, auch außerhalb der EU, würde ihr Betrieb oftmals nicht mehr funktionieren. Für die weitere Entwicklung in unserer Region ist es dabei aber ganz entscheidend, dass wir die internationale Ausgestaltung unseres Arbeitsmarktes selbst gestalten und nicht dem Zufall überlassen. Ziel ist eine qualifizierte und gesteuerte Zuwanderung, die möglichst frühzeitig, z. B. mit der Ausbildung beginnt, und zielgerecht auf Berufe und Unternehmen im Landkreis ausgerichtet ist.

Deutsche Sprache spielt große Rolle
Eine Möglichkeit von vielen sehen die Verantwortlichen hier in der Ausbildungskooperation mit Kirgistan. Zu dieser Kooperation hat der glückliche Umstand geführt, dass der Agenturleiter Siegfried Bäumler das Land und die dortigen Umstände kennt sowie wertvolle Kontakte aus seiner früheren Tätigkeit in diesem Land hat. Kirgistan hat, obwohl es zur ehemaligen Sowjetrepublik gehört hat, eine hohe Affinität zu Deutschland, auch aufgrund der Vielzahl an deutschstämmigen Menschen dort. Deutsche Qualität wird wertgeschätzt und die deutsche Sprache spielt eine große Rolle. In zahlreichen Schulen wird Deutsch ab der 1. Klasse als Hauptfach unterrichtet. Viele gut gebildete Jugendliche sehen aufgrund der hohen Jugendarbeitslosigkeit im eigenen Land ihre Chance im Ausland. Viele Länder bemühen sich bereits um dieses wertvolle Fachkräftepotential.

Hochkarätiges Besuchsprogramm
Ein weiteres Augenmerk der Reise nach Kirgistan galt deshalb auch der Tatsache, sich als Region vorzustellen und sich im Wettbewerb mit anderen Regionen und Ländern zu profilieren. Die Chamer Delegation war auf Vermittlung des kirgisischen Botschafters Omurbek Tekebaev, der den Landkreis Cham selbst bereits zwei Mal besucht hat, in Kirgistan. Die Botschaft organisierte ein umfangreiches Programm, das mit dem Besuch der Schule 69 in Bishkek startete, der Schule, aus der bereits einige Schülerinnen und Schüler in Cham eine Ausbildung machen. Weitere Termine folgten im Außenministerium, wo die geopolitische Lage im Vordergrund stand, sowie mit der Bildungsministerin, wo es vor allem um die Deutsch-Ausbildung und die Vorbereitung in den Schulen ging. Der stellvertretende Minister im Ministerium für Arbeit, Soziales und Migration stellte die besondere Herausforderung der Arbeitsvermittlung bei viel zu wenigen Arbeitsstellen im Heimatland dar. Weitere Gespräche gab es auf politischer Ebene mit dem stv. Vorsitzenden des Ministerkabinetts und mit Abgeordneten des kirgisischen Parlaments. Bei einem Besuch in der Industrie- und Handelskammer in Bishkek stand die duale berufliche Ausbildung im Mittelpunkt. Den Abschluss der Gespräche stellte ein Besuch in der Residenz der deutschen Botschafterin in Kirgistan, Dr. Gabriela Guellil, dar, die das Ausbildungsprojekt als guten Beitrag für die Fachkräftesicherung in Deutschland betonte und legitimierte.