Ausstellung „Artenvielfalt“. Lisa Endriß – Klaus Effern

24. Juni 2024: zu besichtigen bis 11. August im Cordonhaus

Männer, Frauen, Hund und Katz
Lisa Endriß und Klaus Effern: Cordonhaus bringt Kunst über das Lebendige

In Malerei und Skulptur feiert „Artenvielfalt“ den anregenden Dialog zweier aktueller künstlerischer Positionen. Während der Bildhauer Klaus Effern das Material bändigt, bezieht die Malerin Lisa Endriß ihre Inspiration aus der täglichen Bilder- und Informationsflut. Auf Menschen und Tiere, Männer und Frauen in all ihren Merkwürdigkeit haben es beide abgesehen. – „Artenvielfalt“ ist eine Ode an das Lebendige.

Immer wieder beweist Kuratorin und Galerieleiterin Anjalie Chaubal, wie sich künstlerische Seh- und Arbeitsweisen ergänzen und zusammen mehr ergeben als die Summe ihrer Werke. „Artenvielfalt“ ist die erste gemeinsame Ausstellung der Malerin Lisa Endriß mit dem Bildhauers Klaus Effern. Für Anjalie Chaubal eine besondere Paarung: „Als schwinge sich das doppelbödig Paradoxe in der Malerei von Lisa Endriß zu den kraftvoll eigenwilligen Skulpturen von Klaus Effern in die dritte Dimension empor.“ ­– Regelmäßig verwandelt Chaubal die Städtische Galerie Cordonhaus Cham in Rauminstallationen. Flanieren zwischen Kunstwerken ist hier möglich, der Dialog mit der Kunst, den Künstlerinnen, Künstlern – und der Kuratorin.

Die Geschichtenerzählerin …

Wie sie darauf kommt, den Tiger ausgerechnet neben die rosahäutige, nur leicht bedeckte Dame zu legen. Beide liegen im Gras. Eine friedliche Szene, wäre da nicht das alarmierend rotbraun, weiß, schwarz gestreifte Fell des Tigers. Oder der Panther, der Menschen, einem Schwein und anderem Getier in eine Schlucht folgt. Mit ihrer Kunst erzählt Lisa Endriß Geschichten. In Philosophie und Kunsttheorie gut informiert, gehören ironische Brüche zu den Spezialitäten der Künstlerin. Sie schöpft aus dem Informationsnetz unserer Gesellschaft, filtert aus der täglichen Informationsflut Bilddokumente voller Widersprüche, immer auf der Suche nach den feinen Merkwürdigkeiten mit ihrer gewissen Doppelbödigkeit.

Das malerische Werk von Lisa Endriß zeigt Motive mit Menschen und Tieren oder auch Menschen hinter Masken. Das Thema Mensch und Umwelt behandelt sie, indem sie auch mal das Medium wechselt und etwa in einem Videoprojekt Männer und Frauen ihre utopischen Ideen zur Rettung der Welt erzählen lässt. 

Die Künstlerin wurde mit zahlreichen internationalen Stipendien und Preisen ausgezeichnet und gehörte in den 80er Jahre zur Künstlerinnengruppe „WeibsBilder“. Ihre Werke befinden sich in zahlreichen Sammlungen, darunter in der Bayerischen Staatsgemäldesammlung, in der Sammlung Götz, im Kunstmuseum Düsseldorf, in der Städtischen Galerie Regensburg, bei der BMW Group und bei der Hypo-Stiftung München.

… und der Materialbändiger

Als das „zusammengesetzt Lebendige“ bezeichnet Arie Hartog, Leiter des Gerhard-Marcks-Museums für Bildhauerei in Bremen, die Skulpturen von Klaus Effern. In seinen Holzfiguren arbeite der Bildhauer gleichzeitig mit und gegen das Material. Tatsächlich dürfte die dadurch erzeugte Spannung der wichtigste Grund für die eigentümlich lebendige Wirkung der Werke Klaus Efferns sein. Aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt, steht Efferns Hund nicht still. Neongrün angesprüht, läuft er jemandem oder etwas hinterher. Der Hund ist eine Ausnahme im Werk Efferns. Viele seiner anderen Figuren stehen trotz all ihrer inneren Bewegung still. Ebenso sein David, der zerfurcht mit einer Art Rüstung angetan nur noch entfernt an das Vorbild Michelangelos erinnert oder der moderne Morisk mit einem Kopf, der auch ein Tierkopf sein könnte.

Für seine in Holz arbeitenden Kollegen hat das Material die Konnotationen Block oder Stamm. Effern hingegen arbeitet mit der Technik der Montage. Seine Figuren entstehen aus rohen oder vom Künstler bereits geschnitzten Hölzern. Sie werden jeweils in unterschiedlichen Bearbeitungsphasen zusammengefügt und dann weiterbearbeitet. Die weiße Lasur, die den Arbeitsprozess abschließt, täuscht eine Einheitlichkeit vor. In Wirklichkeit scheinen die einzelnen Teile plastisch immer noch durch. Die Wirkung des Materials wird durch die weiße Lasur wortwörtlich unterdrückt. Umso mehr bricht sich das innere Wirken im Holz Bahn, das Reißen und Trocknen. Efferns Figuren stehen unter Spannung.

Der Holzbildhauer lernte sein Handwerk in Berchtesgaden, bevor er sein Studium an der Hochschule für Künste in Bremen aufnahm und schließlich Meisterschüler von Prof. Alfred Hrdlicka in Wien und Prof. Bernd Altenstein in Bremen wurde. Er gestaltet Kunst im öffentlichen Raum. Seine Werke waren und sind in zahlreichen Gruppen- und Einzelausstellungen zu sehen.

Mit „Artenvielfalt“ zeigt das Cordonhaus die erste gemeinsame Ausstellung der Malerin Lisa Endriß und des Bildhauer Klaus Effern.

„Artenvielfalt“. Lisa Endriß – Klaus Effern
Städtische Galerie Cordonhaus Cham
23.06. bis 11.08.2024

Lisa Endriß
1978-88 Gruppe WeibsBilder 1989-95 Akademie der Bildenden Künste München bei Prof. Hans Baschang 1996-97 MFA Programme Vermont College, USA DAAD Jahresstipendium für New York, USA 2005 Fellowship Seaside Florida, USA 2016 Fellowship Yaddo, Upstate New York 2018 Nominierung für „Villa Romana Preis“, Florenz 2020 Fellowship Seaside Florida, USA

Einzelausstellungen (Auswahl)

2022 SFB TRR 294/1-424638267, Strukturwandel des Eigentums, Friedrich-Schiller-Universität Jena (K) 2019 Kunstraum Potsdam, Showtime Reloaded, Katalog 2018 Kasper König & Lisa Endriß Artisttalk & Performance, Münchner Kammerspiele, München 2017 Showtime, Laura Mars Gallery, Berlin 2015 AK68 – Kunstverein Wasserburg – David and Goliath for paradise now; Yaddo, New York, Rauminstallation 2012 Lisa Endriß – Odd stage 2, Laura Mars Gallery, Berlin 2011 Städtische Galerie Rosenheim (K) 2010 Galerie Seiler, München 2009 Kunstverein Schweinfurt; Kunstverein Landshut 2008 Odd stag, Laura Mars Gallery, Berlin 2007 Ballhaus Ost, Berlin; Galerie Bernd Kugler, Innsbruck 2005 Morsel Gallery, New York, USA 2001 A.R.T Gallery, New York 1991 Kunstforum der Galerie

im Lenbachhaus, München (K)

Klaus Effern
1967 geboren in Siegsdorf 1990-93 Ausbildung zum Holzbildhauer, Berchtesgaden 1993 Studium der Bildhauerei an der HfK Bremen bei Prof. W. Otto und Prof. B. Altenstein 1996 Arbeitsaufenthalt bei Prof. Hrdlicka, Wien 2000 Meisterschüler bei Prof. Altenstein 2000-03 Arbeitsaufenthalt in Berlin

2002 Lehrauftrag HfK Bremen Symposium Untersberg seit 2004 engagiert in der Bildhauerwerkstatt „Mauern-öffnen“ e.V.

Einzelausstellungen (Auswahl)

2021 Inglorious Brazzbande, Kulturkirche St. Stephan, Bremen (mit Markus Keuler) 2016 „Father“, Lapua Art Museum (FI) 2015 St. Matthäus, Frankfurt a. Main 2014 Kulturkirche St. Marien, Uelzen 2013 Aschermittwoch der Künste, St. Markus, Hannover; Kulturkirche St. Andreas, Hildesheim, Kulturkirche St. Martin, Nienburg; „Schmerzensmänner“, Galerie Tatau Obscur, Berlin 2012 „Verspottung“, Kulturkirche St. Stephani, Bremen 2010/11 „Mama rastet“, Große Kunstschau, Lichtraum, Worpswede 2007 Galerie im Kloster Malgarten, Bramsche 2006 „Simone tanzt“, Gerhard-Marcks-Haus, Pavillon, Bremen 2005 Galerie im IPP, Greifswald; Große Kunstschau, Worpswede

Städtische Galerie Cordonhaus Cham
Propsteistr. 46, 93413 Cham,
Telefon: +49 (9971) 8579-420
E-Mail: cordonhaus@cham.de
Internet: www.cham.de

Öffnungszeiten
Mittwoch bis Sonntag und Feiertage:  14.00 - 17.00 Uhr
Donnerstag: 14.00 - 19.00 Uhr
Für Gruppen auch nach Vereinbarung
Eintritt frei

Lisa Endriss, Die Nachrichtensprecherin, 2020, Öl auf Leinwand
Lisa Endriss, "Die Nachrichtensprecherin", 2020, Öl auf Leinwand © Lisa Endriss
Lisa Endriss, Der Mann im Mond (Detail), 2022, Öl auf Leinwand
Lisa Endriss, "Der Mann im Mond", 2022, Öl auf Leinwand © Lisa Endriss
Klaus Effern, Direktor, 2023, Holz, Gips, bemalt
Klaus Effern, "Direktor", 2023, Holz, Gips, bemalt © Klaus Effern
Klaus Effern, Moderner Morisk, 2024, Holz, Gips, bemalt
Klaus Effern, "Moderner Morisk", 2024, Holz, Gips, bemalt © Klaus Effern